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Urteil OLG Oldenburg vom 13.12.2017 – 5 U 139/17 (LG Oldenburg) Beginn der Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 BGB; Auslegung des Merkmals „Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners“

Urteil vom OLG Oldenburg 13. 12. 2017 – 5 U 139/17 (LG Oldenburg)

Beginn der Verjährungsfrist nach § 199 Abs. 1 BGB; Auslegung des Merkmals „Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen und der Person des Schuldners“

Nach § 199 Abs. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger, in unserem Fall der Patient, von den den Anspruch begründenden Umständen, also dem potentiellen Behandlungsfehler, und der Person des Schuldners, dem behandelnden Arzt/Krankenhaus, Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.

Hierbei stellt sich die Frage, ab wann man selbst Kenntnis von dem Behandlungsfehler und den behandelnden Ärzten hat und wie der Richter dies feststellt. Das Oberlandesgericht Oldenburg hat hierzu, in Berufung auf den Bundesgerichtshof ausgeführt, dass eine Klage verjährt sei, wenn eine Klägerin sechs Jahre und etliche Gutachten abwartet, um einen Behandlungsfehler sicher und beweisfest selbst festzustellen. Im beschriebenen Fall hat die Ehefrau, die für ihren im 2010 verstorbenen Ehemann klagte, den Verdacht auf einen eventuellen Behandlungsfehler bereits während der Behandlung ihres Ehemanns im Jahre 2010. Nachdem dieser verstarb, forderte sie mehrere Gutachten an, die ihren Verdacht bestätigten. In dieser Kenntnis und spätestens nach den verschiedenen Gutachten hätte die Ehefrau eine Klage erheben müssen, um die Frist zu wahren. Die Klageerhebung sechs Jahre nachdem sie den Verdacht hatte, war zu spät.

Der Patient bzw. der Anspruchsberechtigte muss auf einen ärztlichen Behandlungsfehler als Ursache dieses Misserfolgs schließen können. Hierzu muss der Patient die Einzelheiten des ärztlichen Tuns oder Unterlassens bzw. die wesentlichen Umstände des Behandlungsverlaufs kennen, sondern auch Kenntnis von solchen Tatsachen erlangen muss, aus denen sich ihn als medizinischen Laien ergibt, dass der behandelnde Arzt von dem üblichen medizinischen Vorgehen abgewichen ist oder Maßnahmen nicht getroffen hat, die nach dem ärztlichen Standard zur Vermeidung oder Beherrschung von Komplikationen erforderlich waren.

Die nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforderliche Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen ist nicht bereits gegeben, wenn dem Patienten bzw. dem Anspruchsberechtigten der negative Ausgang der ärztlichen Behandlung bekannt ist. Zur Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen gehört insofern das Wissen, dass sich in dem Misslingen der ärztlichen Tätigkeit das Behandlungs- und nicht das Krankheitsrisiko verwirklicht hat. Dem Patienten oder den entsprechenden Vertretern muss klar sein, dass es sich um einen Behandlungsfehler handeln könnte.

Diese Kenntnis ist erst vorhanden, wenn die dem Patienten bekannten Tatsachen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Arztes oder auf die Ursache dieses Verhaltens für einen Schaden als naheliegend erscheinen zu lassen Dazu muss der Patient über den Behandlungsverlauf, eingetretene Komplikationen und das Abweichen vom ärztlichen Standard so viel wissen, dass ihm bei zutreffender medizinischer und rechtlicher Subsumtion ohne weitere Ermittlung eine Einschätzung der Erfolgsaussichten eines gerichtlichen Vorgehens gegen den Arzt/das Krankenhaus möglich ist. Es kommt insoweit allerdings nicht darauf an, ob der geschädigte Patient selbst zu einer solchen Beurteilung der ihm bekannten Tatsachen in der Lage ist, geschweige denn darauf, dass er subjektiv auch zu der „Erkenntnis“, „sicheren Überzeugung“ oder auch nur zu einem „Verdacht“ gekommen ist, der Arzt habe fehlerhaft gehandelt. Eine Gewissheit ist für eine Kenntnis nicht erforderlich. Der Verjährungsbeginn setzt ebenso nicht voraus, dass der Geschädigte bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand hat, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu. Es muss dem Patienten lediglich zumutbar seine Klage zu erheben, mit den Mittel, die ihm hinsichtlich des tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, auch wenn ein Prozessrisiko verleibt.

Nachzulesen in: MedR September 2018, S. 693-695

Zusammengefasst vom juristischen Mitarbeiter Dominik Strobel stud. iur.


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